Wie verändert Corona die Choreographie des Alltags? 


Wie hat sich deine alltägliche Struktur verändert?  

Sa: Ich fahre weniger ins Büro und bin insgesamt weniger mit dem Fahrrad unterwegs. Ich gehe nicht mehr ins Fitness-Studio, sondern mache Sport mit youtube-Videos.
Su: Grundschullehrerin: Ich habe vorher jedem Kind morgens die Hand gegeben. Jetzt habe ich mit jedem Kind ein eigenes Begrüßungsritual, zb. Ellebogenkontakt, Kniekontakt, Fußkontakt, Pokontakt, Es haben sich mit einigen Kindern ganz neue Begrüßsungsabfolgen entwickelt.
Um viel zu lüften, wickeln sich die Kinder oft in eine Decke ein. Wir haben ein “bewegtes Klassenzimmer” und bauen oft die Bänke um. Weil die Kinder in Decken gewickelt sind, passiert es viel weniger, dass wir um bauen, auch machen wir fast keine Klatschspiele mehr.
Ich gehe seit März nicht mehr ins Fitness.
Th: Ich fahre mehr Fahrrad und weniger öffentliche Verkehrsmittel


Wie haben sich Corona und die damit einhergehenden Veränderungen auf deine Körperlichkeit ausgewirkt?  

Sa: Durch die regelmäßigen youtube Videos bin ich fitter geworden.
Su: Ich habe erst zugenommen und dann versucht, wieder abzunehmen. Das habe ich jetzt wieder aufgegeben.
Th: Weil ich weniger ins Fitness-Studio gegangen bin, habe ich körperlich abgebaut


Bewegst du dich durch Corona anders durch den Alltag? Wenn ja, wie? 

Sa: Ich gehe mehr Spazieren.
Su: Weil mein Sohn keine Nachmittagsaktivitäten mehr habe und ihn nicht mehr herumfahren muss, bin ich mehr zu Hause und lese mehr.
Th: Ich fahre mehr Fahrrad


Was beobachtest du bei anderen Menschen an Bewegungsveränderungen oder Veränderungen in der Körperlichkeit? 

Sa: Ich versuche Abstand zu wahren und tänzel dadurch um die Leute herum. Insgesamt bemerke ich, dass die Leute von mir Abstand halten.
Su: Ich übertreibe meine Mimik, damit man mich unter der Maske besser lesen kann.
Th: Ich nehme größeren Abstand von Leuten in der Öffentlichkeit und vermeide Augenkontakt?


Was fehlt dir körperlich durch Corona?  

Sa:Mir fehlen Umarmungen und das gemeinsame Singen.
Su:Mir fehlen Umarmungen und das entspannte Miteinander. Durch das Abstand nehmen muss ich bei Freunden immer aufmerksamer bleiben, um den Abstand entgegen meinem Gefühl einzuhalten. Insgesamt fehlt mir die Kommunikation auf körperlicher Ebene.
Th: Mir fehlt eigentlich körperlich nichts.


Welche körperlichen Aktivitäten oder Handlungen, die seit Corona aus dem Alltag verschwunden sind, fehlen dir überhaupt nicht?  

Sa:Mir fehlt der Handschlag bei der Begrüßung nicht.
Su: Mein Yoga-Studio hat zu gemacht, aber ich vermisse es nicht
Th: Mir fällt keine Aktivität ein, die mir nicht fehlt


Fühlst du dich seit Ausbruch von Corona anderen Menschen näher oder ferner?  

Sa: Ich fühle mich manchen Leuten ferner als davor
Su: Wenige Menschen fühle ich mich enger verbunden, aber vielen fühle ich mich ferner und halte ja auch Abstand
Th: Dieses Gefühl hat sich bei mir nicht verändert


Wann nimmst du andere Körper im Alltag als Bedrohung wahr? 

Sa: Ich nehme meinen Körper als Bedrohung für andere wahr, wenn ich mich krank fühle.
Su: Ich nehme meinen Körper eigentlich nicht als Bedrohung für andere wahr. Aber ich mache mir bei meinen Schulkinder schon manchmal Gedanken, wenn sie eine Rotznase oder bisschen Husten haben, ob sie mich anstecken. Da nehme ich sie bisschen als Bedrohung wahr.
Th: Ich nehme mich nicht als Bedrohung war, solange ich gesund bin. Als ich Halsschmerzen hatte, bin ich mit Maske in der Arbeit gewesen, weil ich mich als mögliche Gefahr für die anderen gesehen habe. In der U-Bahn gehe ich Menschen die Husten aus dem Weg, sie sind ganz klar eine Bedrohung für mich.


Wann nimmst du deinen eigenen Körper als Bedrohung für andere wahr? 

Sa: Ich komme anderen Menschen nicht mehr so nahe. In der Arbeit hat sich alles verändert, da ich meistens im Home-Office bin.Die kleinen Flurgespräche gibt es nicht mehr und ich muss jede kleine Absprache digital erledigen. Spontane persönliche Treffen gibt es so gut wie keine mehr. Ich koche nicht mehr mit anderen oder bewege mich nicht mehr in kleineren Gruppen durch die Stadt
Su: Meine regelmäßige Frauengruppe, die mir sehr zur Gewohnheit geworden ist, findet kaum noch statt. Wir versuchen es immer mal wieder, aber oft klappt es nicht.
Th: Ich mache keine Kurztrips in andere Städte mehr derzeit. Deswegen überlege ich mir öfter kleine Reisen in der hier Stadt.


Welche elementaren Gewohnheiten haben sich für dich verändert und wie musst du umdenken? 

Sa: Außer den fehlenden Umarmungen hat sich bei mir diesbezüglich nichts geändert.
Su: Ich treffe mich fast nicht mehr mit Männern zum Vergnügen.
Th: Ich fasse niemanden mehr bestätigend oder berührend an, klopfe nicht mehr auf die Schulter oder den Rücken und führe auch nicht mehr jemanden kollegial am Arm in mein Büro


Was hat sich zwischenmenschlich/körperlich verändert? 

Sa: Hier fällt mich nichts ein, was sich positiv verändert habe.
Su: Ich verbringe mehr Kuschelzeit mit meinem Sohn
Th: Mein Kollege gibt mir keine Begrüssungsküsschen mehr.